Regionale Wirtschaft braucht regionale Banken

27.04.2022 Europa

Wissenschaft und Politik plädieren bei einer Bankenkoferenz in Brüssel für regional tätige Banken, die Unternehmen vor Ort bei der ökologischen Transformation unterstützen können – und für eine proportionale Regulierung, die diesen Banken gerecht wird.

Regionale Wirtschaft braucht regionale Banken
DSGV-Präsident Helmut Schleweis im Gespräch mit Moderator Detlef Fechnter

Hart geht Nicola Beer, Vizpepräsidentin des Europa-Parlaments, mit den europäischen Regeln für Wirtschaft und Finanzdienstleister ins Gericht: „Was ein Mittelständler vor Ort nicht umsetzen kann, das darf auch hier in Brüssel nicht beschlossen werden“, forderte die FDP-Politikerin. Wie ihre Parlamentskollegen Markus Ferberr (CSU) und Engin Eroglu (Freie Wähler) zeigte sie sich besorgt: Regulierung sowohl zur Finanzstabilität wie auch zur Durchsetzung von mehr Nachhaltigkeit könnten regional tätige Banken bei ihren Finanzierungen insbesondere für den Mittelstand zu viele Steine in den Weg legen.

„Was ein Mittelständler vor Ort nicht umsetzen kann, das darf in Brüssel auch nicht beschlossen werden!"
Nicola Beer, Vizepräsidentin des EU-Parlaments

Wie wichtig regional aktive Banken wie die Sparkassen und die Volksbanken und Raiffeisenbanken als Finanzierungspartner für kleine und mittelständische Unternehmen sind, unterstrich bei der Regionalbankenkonferenz der Magdeburger Volkswirtschaftsprofessor Horst Gischer: Bankkredite und das  Überziehen des Kontos  sind nach seinen Erkenntnissen die wichtigsten Finanzierungsquellen für kleine und mittelständische Unternehmen, Kapitalmarktfinanzierungen rangieren nur unter „ferner liefen“.

Gerade für Deutschland mit seiner überdurchschnittlich großen Zahl von im EU-Vergleich größeren Mittelständlern seien regionale Banken elementar, argumentierte Gischer. Schließlich könnten Banken und Sparkassen „vor Ort“ schon allein durch ihre räumliche Nähe enge und dauerhafte Geschäftsverbindungen pflegen, leichter Informationen austauschen und sich mit dem Geschäftsmodell und der ökonomischen Performance von Kreditnehmern auseinandersetzen: „Persönliche Ansprechpartner erhöhen die gegenseitige Reputation, fördern Vertrauen und senken Risiken.“

Unternehmen stehen vor großen Transformationsaufgaben. Und zur Bewältigung dieser Aufgaben werden die Sparkassen, die regionalen Kreditinstitute, besonders gefragt sein."
Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands

Entsprechend nahm DSGV-Präsident Helmut Schleweis die Politik in die Pflicht, bei ihrer Regelsetzung die Belange der Sparkassen und regionalen Banken zu achten. Politik dürfe nicht ihre eigenen Zielsetzungen dadurch konterkarieren, dass sie notwendige Finanzierungen zum Beispiel über die Taxonomie erschwert: „Wichtig ist, dass wir eine Taxonomie schaffen, die zu den wirtschaftlichen Realitäten des Mittelstands passt und die den Unternehmen Anreize bietet, statt ihnen Bürokratielasten aufzuerlegen. Und die letztlich parallel zu den politischen Zielen läuft.“

Auch die Pläne der EU zur Umsetzung der Eigenkapitalrichtlinien aus dem Basel-III-Paket kritisierte Schleweis: „Die Basel-III-Finalisierung sowie die Diskussionen um die Bankenunion sollten genutzt werden, um die Bankenregulierung grundsätzlich neu auszurichten“, forderte er: „Wir vergessen immer mehr, dass diese Regulierung von Banken letztendlich auch die Realwirtschaft, der wir dienen, behindert und ihr schadet.

Die Sparkassen in ihrer Breite dürfen nicht den bürokratischen, teilweise auch marktfernen Praktiken der EZB-Aufsicht oder des SRB-Abwicklungsregimes unterstellt werden."
Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands