Sicherheit braucht Stabilität und Subsidiarität
Das Konzept einer dezentral organisierten Einlagensicherung in Europa ist und bleibt richtig - allen Diskussionen um eine vermeintliche Vollendung der Bankenunion zum Trotz.
"News is, what's different", heißt eine sehr alte Weisheit in Nachrichtenredaktionen - nur was anders ist, hat einen Nachrichtenwert. Insofern ist es keine vergnügliche Aufgabe, Jahr um Jahr, wieder und wieder darauf hinweisen zu müssen: Das Konzept, Einlagen von Sparerinnen und Sparer in Europa in dezentralen Systemen abzusichern, war, ist und bleibt richtig.
Die gebetsmühlenartige Hartnäckigkeit, die der DSGV mit seinem aktuell publizierten Glossar "Zum Stand der
Europäischen Bankenunion" erneut unter Beweis stellt, scheint notwendig. Denn auf europäischer Ebene wird seit dem ersten Vorschlag der EU-Kommission für ein vergemeinschaftetes "European Deposit Insurance Scheme" (EDIS) im Jahr 2015 in immer neuen Zusammenhängen eine zentralisierte Einlagensicherung auf EU-Ebene ins Feld geführt.
Aktuell wird die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung diskutiert als ein Element in den Vorgaben zum Krisenmanagement von Banken. Das Ziel der EU-Kommission, das Krisenmanagement für Banken weiter zu stärken, hat die Deutsche Kreditwirtschaft, grundsätzlich begrüßt. Als "nicht zielführend" betrachtet es der Zusammenschluss der kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände allerdings, "dass die EU-Kommission die Diskussion um eine Stärkung des Krisenmanagements mit dem unveränderten Vorschlag zur Errichtung eines europäischen Einlagensicherungssystems aus 2015 verknüpft". Durch ihr unbeirrtes Festhalten an dem Verordnungsvorschlag, der die Vollvergemeinschaftung der nationalen Einlagensicherungssysteme vorsieht, gefährde die Kommission den Fortschritt bei den erforderlichen Detailverbesserungen im Krisenmanagement.
Die Argumente, die für eine Überarbeitung der Einlagensicherung ins Feld geführt werden, werden nicht ganz so regelmäßig erneuert wie die Zusammenhänge, in denen die Idee lanciert wird. Insofern klingen auch die Gegenargumente vielen schon vertraut:
- Die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung sei notwendiger Bestandteil einer Reform der Vorgaben zum Krisenmanagement der Banken, wird angeführt. Dabei ist diese Verknüpfung keineswegs zwingend - im Gegenteil: Der EDIS-Vorschlag steckt seit Jahren fest und dürfte notwendigen Feinjustierungen beim Krisenmanagement daher eher im Wege stehen.
- Mit Plänen für eine Bündelung von Kompetenzen beim Single Resolution Board, dem EU-Organ für Bankenabwicklungen, ergebe sich auch der Bedarf, die Einlagensicherung gebündelt zu organisieren. Dabei hat sich in der Bankenaufsicht längst ein Ansatz bewährt, der klar unterscheidet zwischen systemrelevanten Kreditinstituten, die direkt von der gemeinsamen Bankenaufsicht bei der EZB überwacht werden und den weniger bedeutenden Instituten, die von nationalen Aufsehern überwacht werden. Dieser Ansatz, der dem EU-Prinzip der Subsidiarität folgt, passt ebenso zur Bankenabwicklung und zur Einlagensicherung.
- Ein vergemeinschaftetes System schaffe durch mehr Beteiligte grundsätzlich mehr Anlegervertrauen, Dagegen spricht, dass einzelne Entschädigungsfälle in einem gemeinschaftlichen System das Vertrauen in nicht
betroffenen Märkten tangieren. Zudem sind die Standards zur Absicherung von Einlegern seit 2015 durch die EU-Einlagensicherungsrichtlinie ohnehin weitreichend harmonisiert. Jeder Euro an Einlage ist bereits heute überall im Eurogebiet nach gleichen Standards abgesichert.
Risiken vermeiden durch Vorbeugung
Weitgehend unbeachtet bleiben in den Diskussionen auf europäischer Ebene rund um die Sicherheit von Spareinlagen die Systeme der Institutssicherung, sogenannte Institutional Protection Systems, wie sie die Genossenschaftsbanken und die Sparkassen in Deutschland betreiben. Ziel des Sicherungssystems der Sparkassen-Finanzgruppe beispielsweise ist es, wirtschaftliche Schwierigkeiten bei den angeschlossenen Instituten zu verhindern. Dies leistet das System durch die freiwillige Institutssicherung im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Auf diese Weise werden die Geschäftsbeziehungen zu den Kunden wie vertraglich vereinbart fortgeführt.
Das Sicherungssystem beruht ganz wesentlich auf Vorbeugung. Dazu wird eine Risikoüberwachung durchgeführt. In allen 13 Sicherungseinrichtungen, die an das System angeschlossen sind, gibt es dafür einheitliche Prozesse und gleiche organisatorische Strukturen. Durch die enge dezentrale Begleitung der Mitgliedsinstitute können Risiken frühzeitig erkannt und rechtzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Damit soll ein Einlagensicherungsfall vermieden werden.
Nicht nur die Zulässigkeit, sondern sogar die Bedeutung der Institutssicherung, die dem Entschädigungsfall vorbeugt und Alternativen zur Abwicklung kriselnder Kreditinstitute schafft, hat zuletzt sogar das Gericht der Europäischen Union (EuG) in seinem Urteil im Fall der italienischen Banca Tercas (Az.: T-98/16, T-196/16 und T-198/16) herausgestellt: Das italienische Einlagensicherungssystem FITD hatte - vor der Übernahme des Instituts durch die Banca Populare di Bari - das negative Eigenkapital des Instituts ausgeglichen; die EU-Kommission hatte das als unerlaubte staatliche Beihilfe gewertet. Dem widersprach das EU-Gericht: Es seien Mittel des Systems vielmehr im Interesse der Mitglieder verwendet worden, "da die Beihilfe für Tercas günstiger war als die Inanspruchnahme der gesetzlichen Garantie zugunsten der Einleger" in dem Fall, dass das Institut zwangsweise liquidiert worden wäre.