Weidmann nimmt die Zinspolitik in Schutz

16.05.2019 Wirtschaft

Jens Weidmann, Präsident der deutschen Bundesbank, hat beim Sparkassentag die EZB-Politik der niedrigen Zinsen verteidigt und Klagen der Finanzbranche über niedrige Margen zurückgewiesen.

Weidmann nimmt die Zinspolitik in Schutz

"Wenn es um die Steigerung ihrer Profitabilität geht, bleiben die Institute vor allem selbst gefordert", sagte der oberste Bundesbanker Jens Weidmann vor den versammelten Spitzenvertretern von Sparkassen und ihren kommunalen Trägern beim Deutschen Sparkassentag in Hamburg. Aufgabe der Geldpolitik sei die Preisstabilität, betonte Weidmann, deshalb müsse sie auf den schwachen binnenwirtschaftlichen Preisdruck im Euroraum reagieren. Aus geldpolitischer Sicht gehe es eher um die Frage, ob die Belastung der Banken durch das Niedrigzinsumfeld die Transmission geldpolitischer Impulse stört oder gar verhindert.

Ein wenig Hoffnung machte Weidmann den Sparkassenvorständen dennoch: Mit Blick auf die Preisstabilität gelte es auch, "die geldpolitische Normalisierung weiter zu verfolgen und nicht unnötig hinauszuschieben, wenn die Preisaussichten es zulassen." Dabei sieht Deutschlands oberster Notenbanker das Eurosystem allerdings in einer Zwickmühle: Die Situation erinnere an die Gefahren, denen sich ein Taucher in tiefer See gegenübersieht, meinte Weidmann: "Taucht er zu schnell auf, kann es durch den plötzlichen Druckverlust zur Taucherkrankheit kommen. Bleibt er aber zu lange unter Wasser, droht ihm, die Luft auszugehen."

Es kommt auch und gerade auf eine breite Teilhabe am gesellschaftlichen Wohlstand an. Dazu tragen die Sparkassen bei."
Bundesbankpräsident Jens Weidmann beim Deutschen Sparkassentag 2019 in Hamburg

Als Gefahr - insbesondere für kleinere und mittlere Banken - hat Weidmann die Finanzierung von Wohnimmobilien ausgemacht - auch wenn vielen Sparkassen-Chefs eher das Szenario weiterhin niedriger Zinsen Sorgen bereiten dürfte. Gerade kleinere und mittelgroße Institute sähen sich vielfach "hohen Zinsänderungsrisiken" gegenüber, erklärte der Bundesbankpräsident. Denn viele Bankkunden hätten die niedrigen Zinsen genutzt, um die Zinsbindung ihrer Darlehen zu verlängern, insbesondere bei Krediten für Wohnimmobilien: "Auf Bankseite geht damit die Schere in der Zinsbindung zwischen kurzfristig fälligen Einlagen und langfristigen Krediten weiter auseinander", diagnostizierte Weidmann - und warnte: "Im Fall eines abrupten Zinsanstiegs würden sich die Kosten für die Refinanzierung unmittelbar erhöhen, die Zinseinnahmen stiegen aber nur allmählich."

Für die Sparkässler, die sich unter dem Motto "Gemeinsam allem gewachsen" in Hamburg versammelt hatte, hatte der Bundesbankpräsident ein ausdrückliches Lob parat: Für das erfolgreiche deutsche Wirtschaftsmodell komme es nicht nur auf eine wettbewerbliche, regional verankerte Wirtschaft mit einem starken mittelständischen Rückgrat an, die fest integriert ist in Europa, erklärte er: "Es kommt auch und gerade auf eine breite Teilhabe am gesellschaftlichen Wohlstand an. Dazu tragen die Sparkassen bei."