Zukunft. Machen.

Impulse für eine neue Dynamik

Erklärung der Sparkassen-Finanzgruppe 

anlässlich des 28. Deutschen Sparkassentags am 21. und 22. Mai 2025 in Nürnberg

Präambel

Deutschland ist ein starkes Land. Damit es in Zukunft stark bleibt, muss vieles geändert werden. Denn unser Land zehrt bisher von der Substanz. Deutschland muss wieder in Schwung kommen und seinen Wohlstand erhalten und neu erarbeiten. Das ist die Herausforderung für das ganze Land, für unsere Bevölkerung, für die Wirtschaft – und damit auch unsere Aufgabe als Sparkassen-Finanzgruppe.

In unserer Gesellschaft ist viel Unzufriedenheit und auch eine „Veränderungserschöpfung“ entstanden. Wir brauchen mehr Vertrauen und Zutrauen. Mit den richtigen Weichenstellungen ist das erreichbar!

Für mehr wirtschaftliche Dynamik sind Investitionen in erheblichen Größenordnungen erforderlich. Dazu braucht es Initialzündungen der öffentlichen Hand und dann eine breite Mobilisierung der privaten Wirtschaftsakteure. Unser Land kann die notwendigen Investitionen stemmen. Als Sparkassen-Finanzgruppe werden wir substanziell und verlässlich dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit und damit den Wohlstand der Menschen nachhaltig zu sichern.

„Zukunft. Machen.“ – das ist unsere Perspektive. Es geht darum, gestalten zu dürfen, zu liefern und nicht nur zu reden, in Europa aus Vielfalt gemeinsame Stärke zu entwickeln. Deutschland braucht eine neue Lust auf eine mutige Gestaltung der Zukunft - nicht im Alleingang, sondern innerhalb der EU. Denn nur gemeinsam ist Europa stark. Die Sparkassen-Finanzgruppe mit den Sparkassen, den Landesbanken und allen Verbundpartnern ist ein #moeglichmacher und will die Zukunft mitgestalten.


I. Dynamik braucht Freiräume

Ein Staat, der jedes Detail regelt, hemmt Eigeninitiative und Eigenverantwortung, verbaut so Zukunftschancen und untergräbt das für Zukunftsgestaltung notwendige Vertrauen. Deutschland braucht dringend wirtschaftliche Dynamik und mehr Investitionen: in Infrastruktur, in Digitalisierung, in klimafreundliche Transformation, in erneuerbare Energieproduktion, in Wohnungsbau und in die wichtigste Ressource unseres Landes – Bildung.  

Bürokratiefesseln lösen

Überregulierung lähmt unser Land und ist ein erheblicher Kostenfaktor. Allein in Deutschland summieren sich die Bürokratiekosten auf jährlich 146 Milliarden Euro¹. Sie sind ein Wettbewerbsnachteil für Unternehmen, ganz besonders für die mittleren und kleinen Betriebe unter ihnen. Sie müssen ihre wertvolle Arbeitskraft überproportional für die Erfüllung bürokratischer Anforderungen einsetzen, statt erfolgreich in ihren Märkten für ihre Kunden agieren zu können. Für Sparkassen gilt dies in gleicher Weise. Das muss geändert werden!

Nach den Erfahrungen der globalen Finanzkrise hat die EU im internationalen Vergleich mit großer Entschlossenheit gehandelt. Das war gut. Dadurch wurde allerdings eine Regulierungsmaschinerie geschaffen, die längst ein unkontrolliertes und durch die Gewaltenteilung teilweise nicht mehr gedecktes Eigenleben entwickelt hat. Zwischen 2019 und 2024 hat die EU 13.942 Rechtsakte² erlassen, während die USA mit 3.500 Gesetzen und 2.000 Resolutionen auskamen. Allein das letzte EU-Bankenpaket enthält 140 Mandate für die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA). Die EZB tritt zunehmend selbst regulierend auf und überdehnt damit ihr Aufsichtsmandat. Die Vielfalt der Aufsichtsbehörden führt zu unklaren Zuständigkeiten und einem Aufsichtswettstreit zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit der Marktteilnehmer. 

Angesichts des entstandenen Dickichts reicht ein Regulierungsmoratorium nicht mehr. Wir brauchen einen substanziellen Rückschnitt der Regulierungen – auch und gerade in der Finanzwirtschaft. Die neue EU-Kommission muss deshalb entrümpeln und an ihren Versprechungen³ festhalten: Mindestens ein Viertel der bürokratischen Hürden muss abgebaut werden, für die kleinen und mittelständischen Unternehmen sogar mindestens ein Drittel! Das Europäische Parlament und die neue deutsche Bundesregierung müssen die Umsetzung unterstützen und einfordern. 

Gleiches gleich, Ungleiches ungleich behandeln – dieser Verfassungsgrundsatz verlangt kluge und passgenaue Regulierungen. In der Kreditwirtschaft muss die Regulierung deshalb künftig konsequent am Risiko und damit strikt verhältnismäßig ausgerichtet werden. 

Die Wirksamkeit und das Kosten-Nutzen-Verhältnis regulatorischer Anforderungen müssen kritischer überprüft, fragwürdige Anforderungen abgeschafft und neue Regulierungen vermieden werden. Nur so können auch kleinere Kreditinstitute langfristig erfolgreich am Markt bestehen und ihren Beitrag zur Finanzmarktstabilität leisten. Vordringlich sind Vereinfachungen der Berichtspflichten aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), der Taxonomie-Verordnung und der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) wie sie im Omnibuspaket der EU-Kommission vom Februar 2025 zur Nachhaltigkeit vorgesehen sind. Berichterstattung darf keine reine Compliance-Übung sein. Machen ist wichtiger als Berichten.

Verbraucherschutz muss das Ziel verfolgen, Menschen selbstbestimmte Entscheidungen auf guter Informationsbasis zu ermöglichen. Bei langlaufenden Verträgen Kunden immer wieder die Zustimmung zu bereits bekannten Sachverhalten abzuverlangen, stärkt nur die Bürokratie, aber nicht das notwendige Vertrauen zwischen Kunden und Anbietern. Regulierungen müssen eine gute Informationsbasis sicherstellen, dürfen Kunden aber nicht mit unnützem Aufwand belästigen. 

Zukunftsinvestitionen ermöglichen

Europa hat gegenüber den USA und China eine riesige Investitionslücke. Um diese zu schließen, sind nach dem Draghi-Bericht zur „Zukunft der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union“⁴  zusätzliche Investitionen von rund 800 Mrd. EUR jährlich erforderlich, und das ohne die erforderlichen Investitionen in Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit. Dies entspricht rund 4,5 Prozent der jährlichen EU-Wirtschaftsleistung. Auf Deutschland bezogen sind das jährlich rund 200 Mrd. Euro – bei einer jährlichen Nettoersparnis von mehr als 250 Mrd. Euro. Mit den richtigen Weichenstellungen kann deshalb der auf unser Land entfallende Anteil der Investitionen aus eigenen Mitteln finanziert werden!

Mit dem vom Deutschen Bundestag beschlossenen sogenannten Sondervermögen⁵  für die nächsten 12 Jahre sollen zusätzliche Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutzmaßnahmen möglich werden. Die damit verbundenen Kreditbelastungen sind für unser Land unter Gesichtspunkten der Leistungsfähigkeit und Generationengerechtigkeit nur vertretbar, wenn tatsächlich eine zusätzliche wirtschaftliche Dynamik ausgelöst wird. Dazu sind in den öffentlichen Haushalten entschlossene strukturelle Veränderungen und Effizienzverbesserungen sowie eine dauerhaft auskömmliche Finanzierung der kommunalen Ebene zwingend. Diese Weichenstellungen stehen noch aus.

Auf Dauer kann wirtschaftliche Dynamik allerdings nicht in erster Linie aus öffentlichen Haushalten initiiert werden. Die Zukunftsaufgabe ist so herausfordernd, dass noch stärker privates Kapital mobilisiert werden muss. Es muss attraktiv sein, inländische Ersparnisse und ausländisches Kapital in die Infrastruktur Deutschlands zu investieren. Dazu braucht es Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der deutschen Volkswirtschaft.

Ein vertiefter europäischer Kapitalmarkt kann einen sinnvollen Beitrag leisten. Er ist aber allein nicht der Kern der Lösung. Nur wenn die mittelständischen Unternehmen wieder Vertrauen in die Zukunft haben und investieren, nur wenn Privatkunden ihr Sparkapital in Zukunftsinvestitionen anlegen wollen, kann diese Aufgabe gelingen. Deshalb ist es wichtig, im größten Land der EU, in Deutschland, die wichtigsten Kapitalsammelstellen in die Lösung einzubeziehen und diese nicht zu schwächen.

Pensionsfonds, Versicherungen und einlagenstarken kreditwirtschaftlichen Verbünden sollte es weiter erleichtert werden, zusätzliches Kapital für Zukunfts- und Infrastrukturmaßnahmen zu mobilisieren. Privatkunden sollten Anreize und Sicherheiten angeboten werden, damit sie ihre Ersparnisse in wichtige Infrastrukturprojekte und in Klimaschutzmaßnahmen dieses Landes investieren. Die jetzt vorhandenen öffentliche Sonderkredite können hier – klug eingesetzt – eine Initialzündung auslösen. Sparkassen, Landesbanken, DekaBank, Landesbausparkassen, öffentliche Versicherer und die Deutsche Leasing sind gemeinsam als Sparkassen-Finanzgruppe bereit, einen wesentlichen Beitrag dazu zu leisten, damit private Anleger ihr Geld gut und sicher in die Zukunft dieses Landes investieren können und vor allem wollen. Wir werden dazu gezielte Angebote für Investoren sowie für Kleinanleger unterbreiten und aus Einlagen Zukunft machen. 

Wohlstand demografiefest machen

Die demografische Situation Deutschlands ist alarmierend. Altersbedingt scheiden jährlich netto mindestens 400.000 Personen aus der Erwerbstätigkeit aus. Aus diesem Grunde ist es schon rechnerisch völlig ausgeschlossen, gleichzeitig die Beiträge und die Leistungen der sozialen Sicherungssysteme stabil zu halten. Hier baut sich eine gravierende Sicherungslücke auf, die nur schrittweise und langfristig durch Kapitaldeckung geschlossen werden kann. Der auch dann noch verbleibenden Lücke muss durch eine Kombination aus mehr Eigenvorsorge einerseits und einer Erhöhung des sozialversicherungspflichtigen Arbeitsvolumens andererseits begegnet werden. 

Der historische Höchststand der Erwerbstätigen darf uns nicht blenden. Denn trotz zuletzt rund 600.000 Erwerbstätigen mehr als im Jahr 2019 blieb das insgesamt geleistete Arbeitsvolumen hinter dem des Jahres 2019 zurück⁶. Die Arbeitsmenge pro Erwerbstätigem ist in den letzten 20 Jahren um rund 100 Stunden pro Jahr gesunken. Wohlstand und soziale Sicherung können nur mit mehr Arbeit gehalten und gesteigert werden. Es muss deshalb attraktiv werden, länger zu arbeiten und dies flexibel an die persönliche Lebenssituationen anpassen zu können. Mit einem Rentensystem, das Anreize für längeres Arbeiten setzt, muss die Arbeitskraft erfahrener Menschen genutzt und der Fachkräftemangel abmildert werden.

Ohne Zuwanderung sinkt die Zahl der Arbeitskräfte in Deutschland bis 2040 um 10 Prozent⁷. Das gefährdet den Wohlstand unseres Landes. Deutschland braucht deshalb eine gezielte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt durch Menschen, die hier am Erwerbsleben teilnehmen, sich eine Zukunft aufbauen und so zum gemeinsamen volkswirtschaftlichen Vermögen beitragen wollen⁸. Das wird eine große infrastrukturelle und integrative Herausforderung. An einer stärkeren Steuerung der Zuwanderung nach den volkswirtschaftlichen Interessen Deutschlands führt deshalb kein Weg vorbei.

Das muss ergänzt werden durch eine Mobilisierung des inländischen Arbeitspotenzials. Eine höhere Quote bei Schulabschlüssen, eine bessere Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit durch bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten, aber auch höhere Arbeitsvolumina – wöchentlich oder in der Lebensarbeitszeit – sind dafür erforderlich.

Alle arbeitsfähigen Personen sollen im Rahmen des ihnen Möglichen und Zumutbaren durch Arbeit zum volkswirtschaftlichen Wertzuwachs beitragen. Deshalb darf die Unterstützung durch soziale Sicherungssysteme bei arbeitsfähigen Menschen nur die begründete Ausnahme und nicht hingenommener Dauerzustand werden. 

Wer arbeitet, muss sich aus eigener Kraft einen sicheren Lebensstandard aufbauen und ihn halten können. Deshalb muss die Vorsorge durch Aufbau eigenen Vermögens, insbesondere die private Altersvorsorge, durch bessere Anreize deutlich gestärkt werden. Die Schaffung eines Altersvorsorgedepots ohne Garantien wäre ein entscheidender Fortschritt. Marktangebote müssen dabei Vorrang vor staatlichen Angeboten haben.  

Ein besonderes Augenmerk der Politik bei der Vermögensbildung verdienen Menschen mit geringem Einkommen. Sie brauchen bessere Anreize zum Vermögensaufbau. Mit der Förderung von vermögenswirksamen Leistungen und der Wohnungsbauprämie sind die Instrumente vorhanden. Diese müssen aber durch Anpassung der Einkommensgrenzen und der Zulagen breitenwirksamer gestaltet werden.

Historische Kernaufgabe der Sparkassen und ihrer Verbundunternehmen ist es, Menschen aller Bevölkerungsschichten zu finanzieller Eigenvorsorge und damit zu sozialer Teilhabe zu befähigen. Wir wollen diese Kompetenz gezielt und verstärkt einsetzen, damit möglichst alle Menschen Aussicht auf wirtschaftlich sichere Lebensperspektiven haben.

Wohnraum schaffen

In Deutschland fehlen hunderttausende Wohnungen.⁹ Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage wird immer größer. Zu keinem Zeitpunkt wurden in den letzten Jahren die Ziele bei der Erstellung oder Sanierung von Wohnraum erreicht. 

Deutschland muss die politischen Voraussetzungen schaffen, damit deutlich mehr Wohnungen entstehen. Das betrifft die gesamte Angebotsbreite: von den eigenen vier Wänden über den frei finanzierten Wohnungsbau bis hin zu Sozialwohnungen. Möglich wird das nur durch eine deutliche Senkung der Baukosten. Dazu müssen überzogene baurechtliche und energetische Standards zurückgeschnitten werden. Jede neue Wohnung ist energetisch besser als der Altbestand. Jede zusätzliche Wohnung vergrößert das Angebot und wirkt damit mietpreisdämpfend. Wichtig ist, sie endlich zu bauen.

Die eigenen vier Wände gehören zu den wichtigsten Wünschen der Deutschen und sind eine sichere Altersvorsorge. Es ist eine gravierende historische Ungerechtigkeit, dass dieser Wunschtraum heute für junge Familien finanziell nur noch schwer erreichbar ist. Die aktuellen Fördermittelprogramme gleichen bestenfalls die regulatorisch aufgebürdeten Zusatzkosten aus und verfehlen damit ihren eigentlichen Förderzweck.¹⁰ Deshalb müssen die Wohnungseigentumsförderung kräftig ausgebaut und zielgenauer ausgestaltet werden,  Eigenkapitalaufbau ermöglicht und die Grunderwerbsteuer für selbstgenutzte Eigenheime abgeschafft werden. 

Die Sparkassen-Finanzgruppe finanziert jede dritte Immobilie in Deutschland. Mit unserer Marktrelevanz sind wir bereit, auf Basis der richtigen politischen Rahmenbedingungen für umfassende Wohnungsbaufinanzierungen zu sorgen, Impulse für mehr Wohnraum zu setzen und damit zu mehr Zufriedenheit der Bevölkerung beizutragen. 


II. Wachstum braucht einen handlungsfähigen Staat

Ein moderner Staat setzt den Rahmen, in dem Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen eigenverantwortlich wirtschaften, sich entfalten und durch eigene Leistung zur gesellschaftlichen Entwicklung und zum Wohlstand beitragen. Ziel muss es sein, Initiative und Unternehmergeist zu fördern statt durch einengende gesetzliche Vorschriften immer neue Hürden aufzubauen. Wesentlich sind eine starke, wehrhafte Demokratie mit stabilen rechtsstaatlichen Strukturen auf allen Ebenen, faire Wettbewerbsbedingungen im meinungsbildenden Mediensektor und erweiterte Handlungsmöglichkeiten der Kommunen. Und das wichtigste Querschnittsthema ist eine entschlossene und zügige Digitalisierung der öffentlichen Infrastruktur.

Wehrhafte Demokratie sichern

Die liberalen Demokratien sehen sich zunehmenden Bedrohungen von innen und außen ausgesetzt. Diese Bedrohungen müssen ernster als bisher genommen und ihnen entschlossen begegnet werden. Nach außen erfordert dies eine robuste Abschreckung, die selbstverständliche Finanzierung der dazu benötigen Sicherheits- und Verteidigungsinfrastruktur sowie einen besseren Schutz unserer systemrelevanten Einrichtungen.  

Nach innen muss den erkennbaren Gefahren für unsere im Grundgesetz definierte verfassungsmäßige Ordnung entschlossen begegnet werden. Dazu müssen die grundlegenden Institutionen der demokratischen Gewaltenteilung gehärtet, der Schutz von Menschen- und Minderheitenrechten unbedingt gewährleistet und die humanistischen Werte unseres Landes verteidigt werden. Diesen Grundsätzen sehen wir uns als mehrheitlich öffentlich-rechtliche Institute in besonderer Weise verpflichtet. Wir sind und bleiben parteipolitisch neutral. Allen Versuchen, die Werte unseres Grundgesetzes auszuhöhlen oder verächtlich zu machen, widersetzen wir uns allerdings nachdrücklich. 

Faire Wettbewerbsbedingungen in der Meinungsbildung

Eine funktionierende Demokratie erfordert eine ausgewogene Machtbalance, in der Medien als „vierte Gewalt“ eine essenzielle Kontrollfunktion gegenüber staatlichen Institutionen und eine zentrale Rolle in der Meinungsbildung wahrnehmen. Lokale und regionale Medien stärken Beteiligungsmöglichkeiten und die Lebensqualität vor Ort. Mit Sorge sehen wir deshalb die Erosion des lokalen und auch des überregionalen Medienangebots und die Konzentration der Medienmacht bei – zumeist aus dem Ausland kontrollierten – Medienplattformen. Die zunehmende Dominanz dieser Plattformen birgt Risiken für die demokratische Willensbildung, für die Pluralität der Meinungen und für die Diversität in der Ausgestaltung unseres örtlichen Lebens. Um die Meinungsvielfalt und eine demokratische Medienordnung zu erhalten, ist es unerlässlich, (rechtliche) Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Werte unseres Grundgesetztes und unserer Rechtsordnung auch in sozialen Medien gewährleisten. 

Handlungsspielräume der Kommunen erweitern

Die Kommunen sind der Ort, wo sich Menschen konkret zu Hause fühlen und wo sie staatliches Handeln konkret und als erstes erleben. Die Leistungsfähigkeit örtlicher Akteure ist grundlegend für das Vertrauen in das staatliche Gemeinwesen. Es ist deshalb für unsere Demokratie und für die örtlichen Handlungsspielräume gleichermaßen gefährlich, Kommunen immer mehr Aufgaben ohne die notwendige Finanzausstattung zuzuweisen. Mehr Lebensqualität und mehr Vertrauen können nur durch eine Stärkung der kommunalen Handlungsmöglichkeiten gesichert werden. Für öffentliche Investitionen sind die kommunalen Haushalte zentral. Das muss beim Einsatz öffentlicher Mittel für die Infrastruktur unbedingt beachtet werden. Ein modernes, leistungsfähiges Staatsverständnis erfordert eine deutliche Stärkung der kommunalen Finanzausstattung und einen besseren Schutz ihrer Leistungsfähigkeit durch eine den Aufgaben angemessene Finanzausstattung und auch einen Schutz der kommunalen Trägerschaft der öffentlich-rechtlichen Sparkassen. Das gewährleistet eine gemeinsame Verantwortung und eine verlässliche Aufgabenwahrnehmung zu Gunsten der Bürgerinnen und Bürger vor Ort. 

Unser Land lebt von bürgerschaftlichem Engagement. Dieses stärkt die kommunale Selbstverwaltung, darf aber nicht als Ausfallbürge an die Stelle unterfinanzierter kommunaler Strukturen treten. Die Sparkassen unterstützen als größte nichtstaatliche Kultur- und Sportförderer das bürgerschaftliche Engagement umfassend und tragen damit wesentlich zur sozialen Teilhabe und zum Zusammenhalt in Deutschland bei.

Digitalisierung der öffentlichen Infrastruktur voranbringen

Die digitale Infrastruktur unseres Landes liegt weit hinter dem europäischen Durchschnitt zurück. Im Gegensatz zu einigen Nachbarländern werden zwei Drittel der Verwaltungsleistungen in Deutschland heute nicht online angeboten11. Eine entschlossene Digitalisierung und bessere Vernetzung dienen der inneren Sicherheit, schützen die Bürgerinnen und Bürger aber auch vor überbordender Bürokratie und nicht mehr leistbaren Dokumentations- und Meldepflichten. 

Wichtig ist dabei, dass sich die EU und Deutschland bei der Modernisierung der digitalen Infrastruktur nicht ausländischen Datenmonopolisten ausliefern und damit die Daten ihrer Bürgerinnen und Bürger zur globalen Ausforschung preisgeben. Die EU muss deshalb ihre digitale Souveränität stärken und die notwendigen digitalen Infrastrukturen in eigenen Händen haben.

Die Sparkassen-Finanzgruppe ist einer der größten digitalen Dienstleister in Europa. Wir sind bereit, unser Know-How und unsere Erfahrungen im Umgang mit Datensicherheit in den Dienst der europäischen Souveränität zu stellen und einen entscheidenden Leistungsbeitrag zu erbringen. Das betrifft vor allem digitale Payment-Lösungen wie Wero und sichere digitale Identitäten über den elektronischen Personalausweis (eID), aber auch die Unterstützung besserer digitaler Zugänge zu kommunalen Dienstleistungen.


III. Vielfalt ist die Stärke Europas

Die Europäische Union ist mit ihrer einigenden Wirkung ein großes Friedensprojekt. Sie hat eine andere Wertebasis und eine andere kulturelle Tradition als China oder die USA. Die Stärke basiert auf Vielfalt, auf dem Respekt der hierzu erforderlichen unterschiedlichen Strukturen und einem angemessenen sozialen Ausgleich. Die EU kann Innovationen und wirtschaftliche Dynamik nur entfalten, wenn sie Wettbewerb zwischen verschiedenen Wirtschaftsstrukturen, Industriezweigen und Regionen zulässt und fördert. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) spielen dabei eine Schlüsselrolle. Sie stellen die meisten Arbeits- und Ausbildungsplätze und entwickeln neue zukunftsfähige Technologien und Geschäftsmodelle. Eine breit und divers aufgestellte Wirtschaft reduziert zugleich die Abhängigkeit von globalen Lieferketten und externen Märkten. Dies stärkt die Wettbewerbsfähigkeit Europas im globalen Markt – insbesondere gegenüber den USA und China. Eine erfolgreiche Transformation wird es in der EU nur geben, wenn sie vor Ort getragen und gestaltet wird. 

Savings und Investments Union breit aufstellen

Die Europäische Savings und Investments Union (SIU) wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie unterschiedliche finanzwirtschaftliche Strukturen respektiert und stärkt. In einem Europa der Vielfalt haben ein vertiefter europäischer Kapitalmarkt ebenso Platz wie dezentrale kreditwirtschaftliche Verbundsysteme. Eine Vorstellung „one system fits all“ ist uneuropäisch und schwächt die EU im globalen Wettbewerb.

Eine aktive Gestaltung der Transformation vor Ort setzt die Beachtung wesentlicher Anforderungen der mittelständischen Unternehmen und der breiten Bevölkerung voraus. Die kleinen und mittleren Unternehmen benötigen leistungsfähige dezentrale kreditwirtschaftliche Strukturen und verlässliche Kreditbedingungen. Insolvenzfeste Kreditsicherheiten sind eine wesentliche Voraussetzung für ein vielfältiges und günstiges Angebot an Krediten.

Tiefere und liquidere Kapitalmärkte werden nur mit einer höheren Beteiligung von privaten Anlegern und institutionellen Investoren gelingen. Eine stärkere Wertpapierkultur, eine bessere finanzielle Bildung und weniger bürokratische Hürden in der Anlageberatung sind dafür entscheidend. Anlegerschutz muss das Ziel verfolgen, Menschen zu verantwortlichen selbstbestimmten Entscheidungen zu befähigen und damit das Leitbild eines aufgeklärten, selbstverantwortlich handelnden mündigen Bürgers umzusetzen. Dazu muss die Inanspruchnahme von Beratungen gefördert und erleichtert, nicht erschwert, verteuert und bürokratisiert werden. Vorschläge, den Anlegerschutz im Rahmen der Retail Investment Strategy nochmals deutlich auszuweiten, gehen deshalb an den tatsächlichen Interessen der Kunden und den volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten vorbei.  Zu hohe Beratungshürden und Preisregulierungen durch sog. Benchmarks widersprechen mit ihrem lenkenden Charakter grundsätzlich einer freiheitlichen Wettbewerbsordnung. 

Sparkassen und Landesbanken sind bereit, eine erfolgreiche SIU aktiv mitzugestalten. Die Institute der Sparkassen-Finanzgruppe bringen dabei zentrale Faktoren mit: enge Kundenbindung, Nähe zu örtlichen Märkten und umfassende Beratungskompetenz. Sie gewährleisten sichere Anlagemöglichkeiten für private Kundinnen und Kunden und stabile Kreditfinanzierungen für Unternehmen, vor allem für den Mittelstand. 

Institutssicherung – Fundament für verlässliche Investitionsfinanzierungen

Europa benötigt einen signifikanten Kapitaleinsatz, um den Rückstand bei Investitionen und Innovationen gegenüber den USA und China aufzuholen. Die dezentralen kreditwirtschaftlichen Strukturen der Sparkassen und Genossenschaftsbanken können dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie nicht geschwächt werden.

Die Institutssicherung der beiden Verbundsysteme bedeutet, dass die jeweiligen Institute im Interesse und zum Schutz der Kunden in besonderer Weise füreinander einstehen. Das ist die Grundlage für das sehr hohe Vertrauen der privaten Kundinnen und Kunden und damit für deren Bereitschaft, ihre Ersparnisse den Instituten anzuvertrauen. Die so gesicherten Einlagen sind gerade im Rahmen der SIU unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die kreditwirtschaftlichen Verbünde der Sparkassen wie auch der Genossenschaftsbanken ihre Leistungen in der ganzen Breite des Marktes für die notwendigen Zukunftsinvestitionen erbringen können. Es wäre gefährlich, dieses Vertrauen zu beinträchtigen.

Schon heute gibt es in der EU ein europarechtlich vorgegebenes einheitliches Sicherungsniveau für alle Sparerinnen und Sparer, das seit 2014 mit 23 Artikeln detailliert geregelt ist. Eine vergemeinschaftete Einlagensicherung (EDIS) mit Überweisung der Sicherungsmittel nach Brüssel würde das Sparervertrauen nicht erhöhen, sondern schädliche Anreize schaffen, Risiken und Haftungen innerhalb Europas zu verschieben und die Gefahr von Moral Hazard erhöhen. Dadurch würden wirtschaftliche Ansteckungsgefahren zwischen den EU-Ländern steigen und die Finanzstabilität der gesamten Eurozone geschwächt.

 

Digitalen Euro bedarfsgerecht ausgestalten

Der europäische Finanzmarkt kann digitales Zentralbankgeld im Interbankenmarkt (Wholesale) sinnvoll nutzen. Damit kann die Abwicklung von Kapitalmarktgeschäften grundlegend modernisiert werden. Durch die Anbindung an Blockchain-Technologie lassen sich Transaktionen schneller, automatisierter und effizienter in Zentralbankgeld abwickeln. Das stärkt nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit des Euro-Raums, sondern ist ein Schritt hin zu einem stärkeren europäischen Kapitalmarkt.  

Richtig ausgestaltet kann ein Digitaler Euro dazu beitragen, dass die Europäische Union unabhängiger, wettbewerbsfähiger und resilienter wird. Eine breite Akzeptanz im Markt ist allerdings nur zu erwarten, wenn ein Digitaler Euro Verbrauchern, Händlern, Unternehmen, Banken und Sparkassen über das Bargeld und bestehende Zahlungsverkehrslösungen echte Mehrwerte bietet. Er muss faire Wettbewerbsbedingungen sowie Planungssicherheit für europäische Zahlungsverkehrsangebote schaffen. Das ist nur möglich, wenn in einer engen Zusammenarbeit von EZB und Privatsektor die jeweiligen Kompetenzen sinnvoll gebündelt und bestehende, praxiserprobte Infrastrukturen genutzt werden. So können Kosten und Komplexität minimiert und Planungssicherheit für Investitionen und innovative Angebote europäischer Zahlungsdiensteanbieter wie Wero zu gewährleistet werden.

Diese Grundbedingungen für den Erfolg eines Digitale Euros sind derzeit noch nicht erfüllt. Ohne die aktive und ernsthafte Einbindung der Banken und Sparkassen in die Entwicklung des Digitalen Euros droht Europa eine milliardenschwere Fehlinvestition in eine Bezahllösung ohne Nachfrage. 


Seit über 200 Jahren ist es die Aufgabe der Sparkassen gemeinsam mit den Landesbanken und allen anderen Verbundunternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe, wirtschaftliche und damit gesellschaftliche Zukunft so mitzugestalten, dass möglichst alle Bürgerinnen und Bürger und auch die kleinen und mittleren Unternehmen daran erfolgreich und fair teilhaben können. Diese historische Kernaufgabe ist gerade angesichts der großen Veränderungsprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft wichtiger denn je. Die Sparkassen und ihre Verbundpartner nehmen deshalb diese Zukunftsaufgaben aus Überzeugung und mit einem erfolgreichen und robusten Geschäftsmodell auch künftig verlässlich wahr. 


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Fußnoten

1 Studie des ifo-Instituts, November 2024 

2 https://eur-lex.europa.eu/statistics/legislative-acts-statistics.html?locale=de&utm_source=chatgpt.com, Financial Times, 20.12.2024

3 „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ der EU-Kommission vom Januar 2025

4 „The future of European competitiveness“ vom September 2024 

5 Tatsächlich handelt es sich um Sonderkredite.

6 DeStatis vom 02.01.2025 (https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Erwerbstaetigkeit/Tabellen/arbeitnehmer-wirtschaftsbereiche.html),  Institut für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen: Erwerbstätige, svp. Beschäftigte und Jahresarbeitsvolumen  1992 – 2024 (https://www.sozialpolitik-aktuell.de/arbeitsmarkt-datensammlung.html). 

7 Studie „Zuwanderung und Arbeitsmarkt“, Bertelsmann-Stiftung, November 2024

8 Projektion des Arbeitskräftebedarfs bis 2040 durch das IAB und das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) 

9 Pestel-Institut vom Februar 2025 

10 Studie des Forschungsinstituts empirica vom 17. Februar 2025

11  Laut einer Studie (Stand Dezember 2024) sind von insgesamt 579 erfassten Verwaltungsleistungen nur 101 vollständig online nutzbar,  373 Leistungen werden hingegen ausschließlich offline angeboten.