DSGV-Pressekonferenz anlässlich der Jahrestagung von IWF und Weltbank

12.10.2018 – Statement von Helmut Schleweis, Präsident des DSGV

Es gilt das gesprochene Wort.

Meine Damen und Herren,

herzlich willkommen zum Pressegespräch des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes anlässlich der Herbsttagung von Internationalem Währungsfonds und Weltbank auf Bali.

Seit Jahren werden bei dieser Tagung in wechselnden Foren und Einzelgesprächen Fragen der Finanzmarktstabilität zwischen Regierungsvertretern, Notenbanken, Aufsichtsbehörden und Vertretern der Finanzwirtschaft erörtert. Hierin liegt die Bedeutung dieser Tagung über das eigentliche Treffen der Finanzminister und Notenbank-Gouverneure hinaus.

Unsere Kunden und wir als Sparkassen-Finanzgruppe selbst sind entscheidend auf Finanzmarktstabilität angewiesen. Deshalb engagieren wir uns – vor allem durch praktische Geschäftstätigkeit vor Ort. Durch die globale Verflechtung der Wirtschaftstätigkeit, aber auch der Finanzmarktregulierungen, ist es aber immer wichtiger geworden, auch auf internationaler Ebene für unser Verständnis von Stabilität zu werben. Das ist einer der Gründe, warum wir auch in diesem Jahr die Reise zur IWF-Tagung nach Bali angetreten haben.

Wir haben und werden hier eine ganze Reihe von bilateralen und multilateralen Gesprächen mit anderen Finanzmarktakteuren führen. In dieser Konzentration ist dies an keinem anderen Ort und zu keiner anderen Zeit auf der Welt möglich.

Ich möchte Sie über die fünf wesentlichen Punkte dieser Gespräche informieren:

Eine der großen Sorgen bei dieser Tagung ist die internationale Überschuldung.

Leider müssen wir rund zehn Jahre nach Beginn der Finanzkrise feststellen: Die Welt ist seitdem nicht grundlegend sicherer geworden. Zwar wurden fast überall umfassende Anstrengungen unternommen, um Finanzinstitute, insbesondere Banken, krisenresistenter zu machen. Ich denke, das ist erfolgreich gelungen. In Teilbereichen wurde die Regulierung sogar übertrieben.

Die – von der Idee her richtigen und wirksamen – Regulierungsmaßnahmen nach der Finanzmarktkrise treffen nicht nur die global agierenden Bankkonzerne als eigentliche Adressaten. Sie treffen auch kleine, in der Region verwurzelte Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Es ist Kern unseres Geschäftsmodells, vor Ort für unsere Kunden da zu sein. Wenn aber kleinere und betriebswirtschaftlich gesunde Institute aufgrund unpassender und überbordender Regulierung zu immer größeren Einheiten fusionieren müssen, kann das nicht die richtige Schlussfolgerung aus der Finanzkrise sein. Aus meiner Sicht wäre es jetzt angezeigt, die Non- und Near-Banks stärker in das Blickfeld der Finanzmarktregulierung zu nehmen. Auch FinTechs gehören mit wachsender Bedeutung dazu.

Hier gibt es im Vergleich zu den Banken noch immer Regulierungsdefizite. Der IWF hat dies zu Recht klar benannt, leider sehen wir dort kaum Fortschritte. Und nicht zuletzt die Staaten haben die durch die Niedrigzinspolitik von den Notenbanken gesetzten Anreize offensichtlich falsch verstanden.

Die durchschnittliche Staatsschuldenquote weltweit ist inzwischen auf rund 86 Prozent gestiegen, vor der Finanzkrise lag sie bei etwa 60 Prozent. Man wird nicht bestreiten können, dass die notwendigen Krisenmaßnahmen daran einen großen Anteil haben – aber eben nicht nur sie.

Natürlich mussten die großen Notenbanken als Reaktion auf die Finanzkrise die Zinsen massiv senken, um die Märkte funktionsfähig und liquide zu halten. Damit war allerdings die Gefahr verbunden, dass sich öffentliche Haushalte an das billige Geld gewöhnen und zunehmend davon abhängig werden. Wir haben in den vergangenen Jahren bei dieser Tagung immer davor gewarnt. Die richtige Schlussfolgerung für Staatshaushalte nach der ersten akuten Krisenphase wäre gewesen, die außergewöhnlich günstigen Finanzierungsbedingungen zum Abbau übermäßiger Schulden zu nutzen. Das ist allerdings weithin nicht geschehen. Vielmehr wurden in den vergangenen zehn Jahren weltweit mehr als 60 Billionen US-Dollar neue Schulden aufgebaut, der Löwenanteil davon bei Unternehmen und Staaten. Das entspricht immerhin rund 75 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts von 2017.

Leider hat auch der Euro-Raum keine bessere Figur abgegeben: Hier sind die Schulden seit 2008 von 32 auf 44 Billionen Euro gewachsen. Das ist fast das Vierfache des BIP von 2017 und liegt damit um rund ein Fünftel höher als die globale Verschuldensrate. Besonders negativ sticht hier Italien schon allein mit einer aktuellen Staatsschuldenquote von rund 150 Prozent des BIP hervor – mit ungünstiger Prognose für die Zukunft. Unsere aktuelle Sorge gilt vor allem den Schwellenländern. In diesen 27 Ländern werden in den kommenden sieben Jahren Wertpapiere und Kredite mit einem Volumen von rund neun Billionen US-Dollar fällig. Das entspricht fast dem Dreifachen des BIP Deutschlands. Rund ein Drittel dieser Schulden müssen in US-Dollar zurückgezahlt werden. Mit steigenden US-Zinsen entwickeln sich die Wechselkurse dieser Länder zum US-Dollar sehr ungünstig. Das lässt die reale Schuldenlast immer größer werden. Und die Zinsen in den Vereinigten Staaten werden weiter steigen. Ich komme darauf gleich noch zurück.

Im Jahr 2017 wurden weltweit mehr Kredite an Unternehmen mit hoher Verschuldung bzw. schlechter Bonität vergeben als in 2007, dem Jahr vor Ausbruch der Finanzkrise. Das Portfo­liovolumen dieser riskanten Kredite hat sich in den USA in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Ich bin zwar weit entfernt davon, heute hier die Gefahr einer neuen Finanzkrise auszurufen. Allerdings sollten sich alle Akteure bewusst sein, dass die Situation zumindest als „labil“ zu bezeichnen ist. Zuweilen – auch das haben wir 2008 gelernt – reicht ein kleiner Zündfunken, um einen Flächenbrand aufzulösen. Und von diesen Zündfunken können in den kommenden Monaten gleich mehrere entstehen.

Zweitens: Wir müssen uns auf eine weitere Straffung der US-Zinspolitik einstellen. Die Federal Reserve ist in der geldpolitischen Normalisierung inzwischen weit vorangeschritten und damit dem Euroraum und Japan deutlich voraus. Das Portfolio der von der Notenbank angekauften Staatsanleihen wird bereits allmählich abgeschmolzen. Vor wenigen Tagen hat die US-Notenbank einen weiteren planmäßigen Schritt zur Erhöhung der Leitzinsen vollzogen.

Die Geldmarktsätze liegen jetzt in einer Spanne von 2,0 bis 2,25 Prozent. Gegen Jahresende könnte noch ein weiterer Schritt um 25 Basispunkte erfolgen. Diese geldpolitische Normalisierung ist angesichts der starken Konjunktur und dem hohen Beschäftigungsniveau in den USA folgerichtig. Immerhin stiegen dort die Verbraucherpreise im August mit einer Jahresrate von 2,7 Prozent bzw. einer Kernrate von 2,2 Prozent. Daran ändert auch nichts, dass der Aufschwung ein von den Steuersenkungen der Trump-Administration angefachtes Strohfeuer ist und vermutlich mittelfristig nicht hält. Allerdings gehen von diesem Strohfeuer für die übrige Welt schon jetzt Gefahren aus.

Eine Gefahr sind die sich in den nächsten Monaten vermutlich zins- und konjunkturindiziert deutlich ändernden Kapitalströme in die USA. Das trifft insbesondere die hoch in US-Dollar verschuldeten Schwellenländer. Eine zweite Gefahr betrifft Europa. Die EZB hat bisher kaum Anstrengungen unternommen, um aus der ultralockeren Geldpolitik auszusteigen. Wir hatten bereits vor einiger Zeit angeregt, den Ausstieg frühzeitig und in sehr kleinen Schritten zu beginnen. Jetzt besteht die Herausforderung darin, angesichts des immer größeren Zinsspreads zu den USA in Europa das Ruder entschlossen, aber zugleich sehr behutsam umzulegen. Zu schnelle Zinsschritte wären jetzt ebenso gefährlich wie eine weitere Fortführung der Niedrigzinsphase.

Wir treten deshalb in Europa nach meiner Einschätzung nun erstmals seit zehn Jahren in eine neue Phase ein, die durch einen sehr behutsamen Ausstieg aus Anleihekäufen und einer Vielzahl kleinster Zinsschritte, verteilt auf mittlere Sicht, gekennzeichnet sein sollte. Das Motto für die EZB sollte lauten: Nicht zu schnell, aber auch nicht zu spät.

Das dritte große Thema dieser Tage ist der bevorstehende Brexit. Am 29. März 2019 um 23:00 Uhr soll es so weit sein. Das sind gerade noch 168 Tage. Ich befürchte, dass die Zeit inzwischen zu knapp ist, um angemessene Austrittsbedingungen auszuhandeln. Das wäre angesichts der Komplexität vermutlich nur zu schaffen, wenn beide Parteien die Verhandlungen konstruktiv führen würden. Das ist aber nicht erkennbar – und das ist ein absolutes Trauerspiel. Natürlich stimmt es, dass Großbritannien sehr viel mehr zu verlieren hat als die verbleibende EU. Aber wir sollten uns nicht täuschen: Wenn es zu einem Brexit ohne jegliche Vereinbarung kommen sollte, ist das noch schlimmer als ein harter Brexit.

Wir erwarten für diesen Fall für Großbritannien einen Wachstumsrückgang um 2 Prozentpunkte, für die übrige EU aber immerhin auch von 0,5 Prozentpunkten.

Fast noch gravierender als der Wachstumseinbruch sind allerdings die dann entstehenden rechtlichen Unsicherheiten für die Marktakteure. Nahezu alle heute bestehenden Verträge im Finanzsektor und in den übrigen Wirtschaftssektoren mit Bezug zu Großbritannien enthalten rechtliche Regelungen, deren Auslegung bei einem  Brexit ohne Vereinbarung unklar ist.

In vielen Fällen gibt es solche Bezugnahmen auch in Verträgen ohne direkten Bezug zu Großbritannien. Im schlimmsten Fall ist damit weithin Rechtsunsicherheit zu befürchten, wir können es – etwas zugespitzt – auch Chaos nennen. Wir haben bei einer systematischen Befragung unserer gewerblichen Kunden in den vergangenen Wochen festgestellt, dass der Brexit genau aus diesem Grund zu den vier wichtigsten Sorgen deutscher Unternehmen gehört.

Ich weiß, dass jetzt die Zeit für ein Pokerface ist und niemand zu früh sein Blatt zeigen möchte. Langsam entwickelt sich das Ganze aber zu einem Chicken Run, wie wir es aus einem bekannten Film-Klassiker mit James Dean kennen. Dieser Film trägt den bezeichnenden Titel „Denn sie wissen nicht, was sie tun“. Unsere Erwartung an die Akteure ist, dass mindestens einer vor der Klippe aus dem fahrenden Auto springt. Lieber ein Feigling als abgestürzt.

Mindestens muss sichergestellt werden, dass Großbritannien in den kommenden zwei Jahren übergangsweise die bisherigen EU-Regeln noch einhält. Notfalls muss für die Verhandlungen auch ein Moratorium verhängt werden. Allerdings möchte ich einen Punkt nennen, der nicht verhandelbar sein sollte: Das Clearing von in Euro denominierten Derivaten findet derzeit zu großen Teilen beim London Clearing House statt. Es ist zur Wahrung der Finanzstabilität unerlässlich, dass die europäischen Aufsichtsbehörden hinreichenden Zugriff auf die Zentrale Gegenpartei (CCP) in London haben. Und perspektivisch kann ein Clearing nur innerhalb der EU stattfinden. Eine abrupte Wechselpflicht halten wir allerdings nicht für richtig. Bestehende Verträge sollten zu Ende geführt (Grandfathering) und hinreichend lange Übergangsfristen vereinbart werden.

Viertens: Ein entscheidendes Risiko für die Weltwirtschaft ist weiterhin der zunehmende und vor allem von den USA ausgehende Protektionismus. Dieses Problem ist nicht nur konjunkturell-zyklischer Natur, sondern wirkt vor allem langfristig strukturell. Zwar haben die USA mit Kanada und Mexiko inzwischen ein neues Freihandelsabkommen verabredet.

Und Deutschland und Europa scheinen ein Stück aus der Schusslinie geraten zu sein. Das ist auch angemessen, wenn man richtigerweise nicht nur das amerikanische Handelsbilanzdefizit im bilateralen Verhältnis berücksichtigt, sondern auch die Kapitalströme und die erheblichen Direktinvestitionen europäischer Unternehmen in den USA einbezieht. Die amerikanische Analyse, Europa profitiere deutlich überproportional von den gegenseitigen Handelsbeziehungen, war noch nie zutreffend. Im Verhältnis zwischen den USA und China ist allerdings die handelspolitische Abschottung mehr als eine Drohkulisse. Inzwischen ist ein großer Teil der Handelsströme zwischen diesen beiden Ländern mit hohen Zöllen belegt, weitere Eskalationsstufen sind angelegt. Das ist nicht nur ein Problem zwischen diesen beiden Ländern. Vielmehr betreffen die indirekten Effekte die ganze Welt, auch Europa und Deutschland.

Zum einen schwächt es das globale Wachstum, wenn sich USA und China gegenseitig beschädigen. Zum anderen sind die Produktions- und Wertschöpfungsketten heute längst international verzahnt. Die Vorstellung, es gehe lediglich um Einfuhr von einem Land in ein anderes, ist in Zeiten der Globalisierung anachronistisch. Protektionismus führt in globalen Märkten dazu, dass ganze Lieferketten nicht mehr effizient arbeiten können.

Aus meiner Sicht muss deshalb die internationale Gemeinschaft gemeinsam für freien Welthandel eintreten. Dabei weiß ich, dass aktuell die Einflussmöglichkeiten auf die amerikanische Administration begrenzt sind. Umso mehr sollte dies für Europa Anlass sein, eigene Handelsschranken abzubauen und weitere Freihandelsabkommen abzuschließen.

Fünftens: Lassen Sie mich abschließend etwas zum Dauerbrenner Finanzmarktstabilität sagen. Hier möchte ich mehr die deutsche Perspektive einnehmen. Zunehmend werden Sorgen geäußert, auf den Immobilienmärkten und bei der Kreditvergabe an Unternehmen würden Stabilitätsrisiken sichtbar. Wir teilen beide Befunde – jedenfalls auf Deutschland bezogen – nicht. Natürlich gab es auch in Deutschland in den vergangenen Jahren einen starken Anstieg bei den Immobilienpreisen. Besonders stark betroffen waren Großstädte wie Berlin oder Frankfurt am Main, wo die Immobilienpreise in den vergangenen drei Jahren um teilweise mehr als 30 Prozent gestiegen sind. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine Immobilienpreisblase. Vielmehr gibt es nachvollziehbare realwirtschaftliche Gründe.

Günstige Finanzierungsbedingungen für Immobilienkredite sowie eine gute wirtschaftliche Situation mit steigenden Beschäftigungsraten und Haushaltseinkommen haben zu dem starken Anstieg auf der Nachfrageseite geführt. Baulandknappheit in den Ballungszentren, steigende administrative und bürokratische Hürden und Kapazitätsengpässe in der Bauindustrie sorgen zusätzlich auf der Angebotsseite dafür, dass in Deutschland nach wie vor zu wenig Wohnraum entsteht. Deutschland liegt derzeit mit 3,3 fertiggestellten Wohnungen pro tausend Einwohner und Jahr weit hinter Ländern wie Schweden (7,4), Finnland (7,2) oder Frankreich (6,0) zurück.

Die Bundesregierung hat erste Maßnahmen ergriffen, um hier voranzukommen – weitere Schritte werden folgen müssen. Die uns vorliegenden Daten machen aber deutlich, dass weder eine lockere Kreditvergabe noch ein überproportional starkes Wachstum der entsprechenden Kreditportfolien vorliegt. So ist das aggregierte Immobilienkreditportfolio der Sparkassen in sieben deutschen Großstädten von 2007 bis 2017 nicht angestiegen. Und an den verantwortungsvollen Kreditvergabestandards hat sich auch nichts verändert – das betrifft sowohl Kreditvergaben an Privatpersonen, bei denen weiterhin in der Regel Eigenkapitalanteile von rund 20 Prozent erwartet und hohe Tilgungsraten für die ersten Jahre vereinbart werden.

Es betrifft aber auch die Kreditvergaben an gewerbliche Investoren, wo weiterhin harte Bonitätskriterien zugrunde gelegt werden. Eine übermäßige Verschuldung ist auch bei Unternehmen in Deutschland nicht erkennbar. Wir können das beurteilen, 41,6 Prozent der Kredite an Unternehmen und Selbständige in Deutschland kommen aus unserer Gruppe.

Natürlich sind die Kreditvolumina hier zuletzt stark gewachsen. Aktuelle Analysen der uns umfassend vorliegenden deutschen Unternehmensdaten zeigen, dass in deren Bilanzen die Bankverbindlichkeiten zuletzt um rund sechs Prozent gestiegen sind. Gleichzeitig ist aber auch das Eigenkapital um 4,5 Prozentpunkte gestiegen – die Eigenkapitalquote liegt inzwischen bei starken 39 Prozent. Auch mit dem aktuell leicht überproportionalen Kreditanstieg weisen die deutschen Unternehmen heute im Durchschnitt eine deutlich geringere Verschuldung auf als noch in Zeiten mit wesentlich höheren Zinsen. Nur 1,2 Prozent des Umsatzes müssen deutsche Unternehmen heute im Durchschnitt für Zinsen aufwenden.

Mehr als 80 Prozent der Unternehmenskredite sind festverzinst und haben lange Laufzeiten. Damit würde es etwa sechs Jahre dauern, bis ein Zinsanstieg voll in die Unternehmen durchschlagen würde. Für Deutschland trifft also die eingangs festgestellte globale Diagnose nicht zu: Weder gibt es eine übermäßige Verschuldung der Marktakteure, noch würden Zinsanstiege die deutschen Unternehmen übermäßig treffen. Auch das deutsche Finanzsystem ist stabil. Das haben zu Recht jüngst die Deutsche Bundesbank, der Ausschuss für Finanzstabilität und auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung her­vorgehoben.

Und das trifft in besonderer Weise für die deutsche Sparkassen-Finanzgruppe zu:

  • Wir sind bisher mit den Ertragseinbußen durch die Niedrigzinspolitik sehr viel besser zurechtgekommen als uns das die meisten externen Beobachter zuvor zugetraut hatten. Kosteneinsparungen und Verbesserungen der Provisionsüberschüsse waren dafür die entscheidenden Grundlagen.
  • Wir haben unsere Risiken im Griff: Niedrige Ausfallraten und die weiterhin sehr guten Bonitäten unserer Kreditnehmer unterstreichen dies.
  • Wir beherrschen die absehbaren Zinsänderungsrisiken.
  • Sparkassen und Landesbanken erfüllen vorzeitig alle aufsichtlich vorgegebenen Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen.
  • Und wir weisen nach Feststellung der Ratingagentur Fitch durch die regional breite Streuung der Sparkassen eine hohe Fähigkeit zur Haftungssolidarität im Krisenfall aus.

 

Wir haben zwar Verständnis, wenn der IWF bei dieser Tagung dafür plädiert, die Finanzmarktregeln nicht aufzuweichen.

Wir plädieren aber für mehr Differenzierung und Proportionalität. Denn die Nachkrisenmaßnahmen der G20, des Financial Stability Board (FSB) und des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS) sind nicht für lokal verankerte und auf realwirtschaftliches Geschäft konzentrierte Kreditinstitute konzipiert. Sparkassen in Deutschland etwa unterscheiden sich durch ihr risikoarmes Geschäftsmodell ganz grundsätzlich von den eigentlichen Adressaten der internationalen Regulierung.

Vor nicht ganz einem Jahr wurde Basel III finalisiert. Nun ist es Zeit, die Maßnahmen zu konsolidieren, wirken zu lassen und erkannte Inkonsistenzen zu bereinigen.

Eine der wichtigsten Schlussfolgerungen zehn Jahre nach der Finanzkrise muss deshalb aus unserer Sicht lauten:

Gute Finanzmarktregulierung muss in den Bereichen wirksam bleiben, für die sie eigentlich gemacht wurde. Sie muss aber dort neu justiert werden, wo sie die Falschen getroffen hat.