9. Ostdeutscher Sparkassentag
17.5.2017 – Rede von Georg Fahrenschon anlässlich des 9. Ostdeutschen Sparkassentages
Es gilt das gesprochene Wort.
Meine Damen und Herren,
wir sind heute hier in unterschiedlichen Rollen - als Funktionsträger der Finanzwirtschaft, als Sparkassenvorstände, als kommunale Gestalter. Aber in einem Punkt sind wir gleich. Wir beziehen unsere Legitimation aus der Fähigkeit, für Wachstum, für Stabilität und für soziale Teilhabe zu sorgen. Diese Fähigkeit gewinnt an Gewicht.
In unserem europäischen Umfeld, beim Brexit-Votum und in der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl zeigten sich große Teile der Bevölkerung verunsichert in Bezug auf ihre wirtschaftlichen Perspektiven.
Es kann uns deshalb nicht kaltlassen, wenn nach einer aktuellen Allensbach-Studie für das Handelsblatt auch rund 60 Prozent der Deutschen daran zweifeln, ob eigentlich in unserem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen System für sie noch gut gesorgt ist.
Es mag sein, dass uns diese Skepsis übersteigert vorkommt. Wir werden aber der immer stärker polarisierenden Debatte nicht entkommen, denn auch Sparkassen sind lang etablierte Institutionen.
Deshalb ist aus meiner Sicht jetzt der richtige Zeitpunkt, den Wert der Sparkassen für jeden unserer Kunden, aber auch für alle anderen Menschen in der Region besser zu erklären und im Alltag spürbar zu machen: unsere aktive Rolle bei der Vorsorge der Menschen, unsere konstant hohen Leistungen für einen facettenreichen Mittelstand in Deutschland, und unser Engagement für das gesellschaftliche Miteinander vor Ort.
Dazu müssen wir anders als bisher in der Öffentlichkeit auftreten – weniger mit unmittelbaren Produktangeboten, mehr mit lebenspraktischen Hinweisen und Hilfestellungen. Dieses Versprechen müssen wir dann aber auch ehrlich umsetzen. Denn nur so können wir das Vertrauen rechtfertigen, dass die Menschen nach wie vor in ihre Sparkasse setzen.
In diesem sehr anspruchsvollen Umfeld haben die Sparkassen 2016 insgesamt eine starke Leistung am Markt gezeigt:
- Sie konnten die erwartbaren Einbrüche im Zinsergebnis fast zur Hälfte durch unternehmerische Leistung auffangen. Die ostdeutschen Sparkassen haben dabei den Bundesdurchschnitt sogar zusätzlich nach oben gezogen.
- Die Sparkassen haben außerdem das Kreditgeschäft deutlich forciert und sind über Markt gewachsen. Besonders wichtig ist dabei, dass dieses Wachstum nicht mit einem höheren Risikoniveau erkauft wurde.
- Und sie arbeiten konsequent daran, Services und Transaktionen ins Netz zu verlagern. Denn wir wollen nicht nur vor Ort, sondern gleichermaßen auch im Netz der bevorzugte Finanzpartner der Deutschen sein.
Mit innovativen Angeboten wie der Fotoüberweisung oder dem Handy-zu-Handy-Bezahlverfahren „Kwitt“ in der Sparkassen-App gelungen, unseren 50 Millionen Kunden mit alltagstauglichen Innovationen das Leben ein Stück weit einfacher zu machen.
Die Sparkassen können selbstbewusst auf diese Gesamtleistung schauen. Und die Kommunen können stolz sein auf ihre Sparkassen vor Ort.
Nun geht es darum, wie wir den Markterfolg der Sparkassen weiter ausbauen. Dazu haben wir ein starkes, gemeinsames Instrument, dem wir aus meiner Sicht wieder etwas mehr Aufmerksamkeit schenken sollten: unsere Marke.
Die Marke Sparkasse ist eine der stärksten am deutschen Markt, auch über die Finanzbranche hinaus. Unsere Marke signalisiert: Sparkassen sind anders als Banken. Auch deshalb genießen Sparkassen bei den Menschen weit mehr Vertrauen als die Konkurrenz. Sobald sich aber Sparkassen wie Banken verhalten, büßen sie diesen Vorteil ein.
Und dann ist es auch deutlich schwerer für die Politik, sich an die Seite der Sparkassen zu stellen. Das Vertrauen der Politik in die Leistungsfähigkeit und die Regeltreue von Sparkassen ist unser wichtigstes Asset in der Interessensvertretung. Das Vertrauen unserer Verbundpartner in die Kundennähe der Sparkassen ist der Kitt unserer Gruppe. Und das Vertrauen der Kunden in die Fairness der Sparkassen ist unsere wichtigste Ertragsquelle.
Stärker als alle anderen Anbieter in der deutschen Kreditwirtschaft leben Sparkassen vom Vertrauen. An uns werden besondere Maßstäbe angelegt. Deswegen müssen wir größte Transparenz bei unseren Dienstleistungen zeigen und stärker als je zuvor an der Reputation der Sparkassen arbeiten.
Ich habe den Eindruck, dass sich in der Einstellung der Bevölkerung und in den Wegen der Meinungsbildung gerade fundamentale Veränderungen vollziehen. Zur Skepsis gegenüber Institutionen kommt die klare Tendenz, dass die Menschen dem eigenen Umfeld am stärksten glauben.
Dieses eigene Umfeld bildet sich zunehmend über soziale Medien. Deren Eigendynamik strahlt längst bis in die klassischen Medien aus. Das sorgt dafür, dass Meldungen aus einzelnen Sparkassen in weniger als 24 Stunden Spiegel Online oder die Süddeutsche Zeitung erreichen können und damit im bundesweiten Resonanzraum landen.
Wir müssen uns besser als bisher auf diese neue Zeit einstellen. Das hat sich zuletzt an der sehr breiten Debatte über Entgelte für das Geldabheben am Automaten gezeigt. Nur zehn Prozent der Sparkassen haben nach einer Umfrage des Online-Portals „biallo“ unter anderem auch ein Kontomodell, das oberhalb bestimmter Freigrenzen solche Entgelte berechnet – zum Beispiel wenn ein Kunde öfter als einmal pro Woche Geld abhebt.
Das sind in der Regel Kontomodelle mit geringen Basistarifen. Sie richten sich an Kunden, die mit dem Konto wenig arbeiten und genau deshalb den günstigen Einstiegstarif für sich gewählt haben. Und vielfach sind das auch Kontomodelle, die in dieser Form schon seit langen Jahren bestehen und nicht erst im Zuge der Neujustierungen in den letzten Monaten so eingerichtet wurden.
Trotzdem – der Aufschrei war groß. Kunden und Nicht-Kunden haben sich massiv empört. Vor allem aber bekamen Sparkassen sozusagen „die volle Packung“ ab. Sie sind durch diese Welle kurzzeitig von einer positiven in eine negative Markenwahrnehmung gerutscht.Dass mehr als 150 Volks- und Raiffeisenbanken ähnlich vorgehen, wurde erst zwei Tage später öffentlich wahrgenommen.
Dieses Beispiel zeigt, dass wir in der Balance zwischen wirtschaftlichem Nutzen und Schaden an der Marke heutzutage immer neu und sehr sensibel abwägen müssen. Denn wahr ist heute nur noch das, was Menschen verstehen und empfinden. Deshalb sollten wir unsere Anliegen, wo immer möglich, aus den Interessen unserer Kunden heraus legitimieren.
Dass wir wirklich anders sind, können die Sparkassen aus meiner Sicht an vielen Stellen ihrer geschäftlichen Aufstellung zeigen:
- Vertragstreue gegenüber Kunden gehört dazu,
- glaubwürdige und transparente Kommunikation auch bei schwierigen Themen,
- ein weiter zuverlässiges Engagement bei der Ausbildung junger Menschen
- und unsere Präsenz in ländlichen Gebieten, für die es inzwischen eine breite Palette von Alternativangeboten zu wenig frequentierten Filialen gibt.
Aber zwei Punkte möchte ich ganz besonders herausgreifen.
Erstens: Wir können uns von anderen positiv unterscheiden durch unseren Umgang mit der Digitalisierung. Denn die Digitalisierung hat nicht nur Freunde. Große Teile der Bevölkerung nutzen zwar digitale Anwendungen und Kommunikationsmedien, aber sie misstrauen einer auf Algorithmen basierenden Digitalisierung mit einer umfassenden Ausforschung ihrer Lebensgewohnheiten. Die Menschen empfinden eine zunehmend datengestützte Lebenswelt als Kontrollverlust und Fremdbestimmung durch global agierende Konzerne.
Hier bietet sich aus meiner Sicht eine große Chance für die Sparkassen. Denn wir sind keine Konzerne. Und unser Geschäftsmodell ist eben nicht die Ausforschung von Lebensgewohnheiten. Für uns als Sparkassen-Finanzgruppe sind ein sorgfältiger Umgang mit Daten und höchstmögliche Sicherheit absolute Voraussetzung. Was Sparkassen im Markt umsetzen, muss den Sicherheitsbedürfnissen von 50 Millionen Deutschen entsprechen. Das ist ein großer Unterschied zu den Angeboten vieler Fintechs. Und es ist ein starkes Argument am Markt.
Für eine erfolgreiche Digitalisierung brauchen wir aber nicht nur innovative und sichere Angebote – die haben wir längst und bauen sie weiter aus. Wir brauchen dazu auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie müssen mindestens so souverän mit allen medialen Angeboten der Sparkassen umgehen können, wie unsere Kunden – und zwar nicht irgendwann, sondern zügig.
Das Geschäftsmodell der Sparklassen ändert sich dabei nicht. Wir wollen vielmehr den Kontakt zu unseren Kunden durch digitale Technik noch einfacher, komfortabler und persönlicher gestalten. Genau das ist „echt Sparkasse“.
Zweitens: Sparkassen sind in ihrer Struktur anders, weil sie das besser in die Lage versetzt, gesellschaftlich eine aktive Rolle zu übernehmen. Durch den öffentlichen Auftrag und die kommunale Trägerschaft sind Sparkassen sehr nah an der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Realität in ihrer Region.
Kommunale Vertreter, aber auch sachkundige Bürger, Geschäftsleute, Handwerker und Dienstleister bringen zusätzlich zu ihren Berufskenntnissen ihre Kenntnis über die örtlichen Strukturen und die regionalen Wirtschaftskreisläufe in die Arbeit der Verwaltungsräte mit ein. Diese regionale Kompetenz trägt erheblich zur Risikobegrenzung in den Sparkassen bei und hatte auch Anteil daran, dass Sparkassen eben nicht zu den Verursachern der Finanzkrise zählten.
Diese Zusammenhänge sind heute nicht mehr selbstverständlich bekannt, auch nicht bei Journalisten und politischen Multiplikatoren. Offensichtlich aber auch nicht bei der Europäischen Bankenaufsicht EBA und der EZB. Sie blenden in ihren Vorschlägen zur Corporate Governance europäischer Kreditinstitute die Besonderheiten öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute völlig aus. Um nicht zu sagen: Sie rennen unsere Grundaufstellung über den Haufen.
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband setzt sich zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden intensiv für den Erhalt der kommunalen Vertretung in den Verwaltungsräten der Sparkassen ein. Die Sparkassen selbst leben ihre kommunale und regionale Ausrichtung nicht nur im Kundengeschäft, sondern darüber hinaus in ihren Leistungen für die gesamte Bevölkerung.
Sparkassen sind einer der wichtigsten gewerblichen Steuerzahler. Im vergangenen Jahr haben sie erneut 2,8 Mrd. Euro ertragsabhängige Steuern an die kommunalen Haushalte gezahlt und stärken so die Handlungsfähigkeit ihrer Träger vor Ort. Zusätzlich hat unsere Gruppe wieder über 450 Mio. Euro an Spenden und Sponsoring dafür aufgebracht.
Zu wenig gesehen wird oft, wie stark sich die Sparkassen durch inzwischen 738 Stiftungen selbst zu gesellschaftlichen und kulturellen Aufgaben verpflichtet haben. Rund 2,5 Mrd. Euro Stiftungskapital haben die Sparkassen inzwischen dafür bereitgestellt – und dieses Kapital ist in unseren Stiftungen auf Ewigkeit angelegt.
Mein Fazit ist klar: Es gibt viele starke Gründe, den Sparkassen in Deutschland zu vertrauen.
Weitere können wir selber schaffen:
- Die Vorstände in ihrer unternehmerischen Verantwortung
- Die kommunalen Träger im engen Zusammenspiel mit der Sparkasse vor Ort
- Die Verbundpartner, die sich in Produkten und Prozessen immer stärker auf die Sparkassenwelt einstellen
- Und die Verbände, in dem sie dafür sorgen, dass im Hintergrund der Laden zusammenhält.
Das ist eine großartige Aufstellung.
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