IWF-Tagung: DSGV sieht erhebliche globale Stabilitätsgefahren

12. Oktober 2018 – Pressemitteilung Nr. 40

Die deutschen Sparkassen und Landesbanken sehen erhebliche globale Stabilitätsgefahren. Darauf hat der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), Helmut Schleweis, bei der Herbsttagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Nusa Dua (Bali/Indonesien) hingewiesen.  „Leider müssen wir rund zehn Jahre nach Beginn der Finanzkrise feststellen: Die Welt ist seitdem nicht sicherer geworden. Alle Akteure sollten sich bewusst sein, dass die Situation sehr labil ist“, sagte Schleweis.

Als größte Gefahrenherde machte Schleweis die deutlich gestiegene internationale Verschuldung, den bevorstehenden Brexit sowie den zunehmenden Protektionismus aus. In den vergangenen zehn Jahren seien weltweit mehr als 60 Billio­nen US-Dollar neue Schulden aufgebaut worden. Zunehmend hätten sich öffentliche Haushalte an das billige Geld gewöhnt und seien davon abhängig geworden. Allein im Euro-Raum sei die Verschuldung auf fast das Vierfache des BIP von 2017 gestiegen und damit höher als weltweit. Eine besondere Sorge müsse den Schwellenländern gelten, die in hohem Maße von den Wechselkursschwankungen des US-Dollar abhängig seien und in den nächsten Jahren in erheblichen Volumina Anleihen und Kreditschulden zurückführen müssen.

Bei einem Brexit ohne Austrittsvereinbarung erwartet der DSGV für Großbritannien einen Wachstumsrückgang um 2 Prozentpunkte, für die übrige EU aber immerhin auch von 0,5 Prozentpunkten. Noch gravierender seien die dann entstehenden rechtlichen Unsicherheiten für die Marktakteure, weil die Auslegung von Bezugnahmen auf britische Regeln in vielen Wirtschaftsverträgen in diesem Fall unklar sei. Vor diesem Hintergrund gehöre der Brexit zu den größten Sorgen der gewerblichen Kunden von Sparkassen und Landesbanken. Schleweis appellierte deshalb an die Verhandlungsführer, durch eine Vereinbarung mindestens sicherzustellen, dass Großbritannien in den nächsten zwei Jahren übergangsweise die bisherigen EU-Regeln noch einhält. Notfalls müsse für die Verhandlungen auch ein Moratorium verhängt werden.

Als Hauptrisiko für die Weltwirtschaft sieht der DSGV den zunehmenden und vor allem von den USA ausgehenden Protektionismus. Die indirekten Effekte des Handelskriegs zwischen den USA und China beträfen die ganze Welt, auch Europa und Deutschland. „Heute sind Produktions- und Wertschöpfungs­ketten längst international verzahnt. Eine Vorstellung, es gehe lediglich um Einfuhr von einem Land in ein anderes, ist in Zeiten der Globalisierung anachronistisch“, sagte Schleweis. Er ermunterte deshalb dazu, für freien Welthandel einzutreten und von Europa aus eigene Handelsschranken abzubauen und weitere Freihandelsabkommen abzuschließen.

Schleweis erwartet in Europa erstmals seit zehn Jahren eine neue Zinsphase, die durch einen sehr behutsamen Ausstieg aus Anleihekäufen und einer Mehrzahl kleinster Zinsschritte, verteilt über eine mittlere Sicht, gekennzeichnet sein sollte. Eine Grundlage dafür sei die US-Zinspolitik, die Europa in der geldpolitischen Normalisierung inzwischen weit voraus sei. Dies werde in den nächsten Monaten vermutlich zu zins- und konjunkturindizierten Kapitalströmen in die USA führen. Die Herausforderung in Europa bestehe darin, das zinspolitische Steuer entschlossen, aber zugleich sehr behutsam umzulegen. Schnelle Zinsschritte wären jetzt ebenso gefährlich wie es die zu lange Niedrigzinsphase war. Das Motto für die EZB sollte lauten: nicht zu schnell, aber auch nicht zu spät.

Deutschland stellt sich angesichts der globalen Risiken nach Feststellung des DSGV derzeit als Hort der Stabilität dar. Sparkassen und Landesbanken könnten weder eine Immobilienpreisblase noch eine zu lockere Kreditvergabe feststellen. Zwar seien die Kreditvolumina zuletzt stark gewachsen. Dennoch wiesen die deutschen Unternehmen heute im Durchschnitt eine deutlich geringere Verschuldung auf als noch in Zeiten mit wesentlich höheren Zinsen. Angesichts des hohen Anteils festverzinster und lang laufender Kredite würde es zudem etwa sechs Jahre dauern, bis ein Zinsanstieg voll in die Unternehmen durchschlagen würde. In Deutschland gebe es somit weder eine übermäßige Verschuldung der Marktakteure noch würden Zinsanstiege die deutschen Unternehmen übermäßig treffen. Auch das deutsche Finanzsystem sei stabil. Das treffe in besonderer Weise für die deutsche Sparkassen-Finanzgruppe zu.

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